Telendos haftet schon immer etwas dramatisches an. Mit einem großen Rums hat im Jahre 554 n. Chr. ein Erdbeben den mächtigen Felsbrocken von Kalymnos abgespalten. Seither ist Telendos eine kleine Insel  – und eine große Bühne. Die Kulisse ist perfekt: Am Fuße eines bedrohlich schroffen Felsmassivs schmiegt sich ein kleines Dörfchen mit breiter, gut bespielbarer Hafenpromenade. Hier bieten etliche Tavernen Plätze für das interessierte Publikum, das im Halbstundentakt herbei geschifft wird. Umrahmt wird das Bühnenbild vom ägäischen Himmel und einem stillen Sund. Am frühen Morgen, noch bevor die ersten Gäste von der nahen Insel Kalymnos eintreffen, hat Panajoitis die Bühne schon vom eventuellen Müll befreit. Dazu bedient er sich eines dreirädrigen Lastwagens - eines von zwei auf der Insel zugelassenen Fahrzeugen.

 

Da der Spielbetrieb erst am frühen Abend aufgenommen wird, erfrischen sich die Tagesgäste an den nahegelegen Sandstränden und in beschaulichen Buchten. Wer es jetzt schon etwas dramatischer liebt, sei der Besuch des am offenen Meer gelegenen Kiesstrandes empfohlen. Für bequeme Liegen nebst Sonnenschirmen ist überall gesorgt.

 

Spätestens wenn die ausgeklügelte Lichttechnik die Sonne hinter dem Bergmassiv verschwinden lässt und die Kulisse in rotes Licht taucht, ist jede Taverne bis auf den letzten Platz besetzt. Bevor der erste Akt beginnt, genießt man die Köstlichkeiten der Insel. Fisch und der nahrhafte Kalymnika-Salat.

 

Was wird heute gespielt? Ein Lustspiel, ein Drama oder gar etwas Komisches? Etwas von alledem. Es gibt viel zu lachen, manch eine Träne wird vergossen - vor Rührung und Anteilnahme. Auf dem Spielplan steht der griechische Alltag auf einer kleinen Insel mit Höhen und Tiefen, Irrungen und Wirrungen in Herzensangelegenheiten, Nachbarschaftsstreit und am Ende geht´s ums liebe Geld. Für jeden ist wie immer etwas dabei.

 

Und wenn gegen Mitternacht auf der "Regina" die ersten Takte von Pink Floyds "Echoes" erklingen, wissen die Gäste, was und wem die Stunde geschlagen hat. Es beginnt die letzte Einschiffung nach Kalymnos.

 

Wenn Jannis mit seinen Gästen unter den Gitarrenechos von David Gilmour in der Dunkelheit entschwindet, ist auf der Bühne noch lange nicht Schluss. Schauspieler, Bühnenarbeiter und einige Gäste, die sich hier einquartiert haben, sitzen nun zusammen, um über die wirklich wichtigen Dinge im Leben zu diskutieren. Begleitet von Bouzouki, Baklama und den traumgewichtigen Weisheiten der alten Rembetes senkt sich die Nacht über Telendos.

 

Ab dem Spätherbst wird der Spielbetrieb eingestellt. Eine Stammbesetzung bleibt vor Ort, um die Bühnentechnik instand zu halten. Viele Akteure verlassen nun diesen Schauplatz, um ihren profaneren Winterbeschäftigungen nachzugehen. Die meisten verdingen sich auf dem Bau - im benachbarten Kalymnos oder Kos. Einige verschlägt es aber auch nach Chicago oder ins nordaustralische Darwin. It's a small world - Die Welt ist klein.

 

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Photos by W. Schoendorf

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